Philipp Hoellermann Philipp Hoellermann

Wie entwickeln sich neue Hochschulen in Deutschland

Wie entwickeln sich neue Hochschulen in Deutschland? Teilen die großen Anbieter den Markt bereits komplett unter sich auf oder gibt es noch Potenzial für Newcomer? Die Zahlen sind eindeutig…

Gibt es eigentlich neue Akteure am deutschen Hochschulmarkt? Oder teilen "die Großen" den Markt komplett unter sich auf?

Zugegeben, mit über 100 privaten Hochschulen gibt es heute kaum noch Bereiche, die nicht erschlossen wären, weder geographisch noch thematisch. Große Anbieter wie die IU Internationale Hochschule, FOM Hochschule für Oekonomie & Management, Hochschule Fresenius, SRH Higher Education, Euro-FH Europäische Fernhochschule Hamburg oder DIPLOMA Hochschule - mit teils zehntausenden Studierenden an
multiplen Standorten - üben zudem großen Druck auf kleinere Institutionen aus und setzen hohe Qualitätsstandards.

Trotzdem werden jedes Jahr neue Hochschulen gegründet und durchlaufen Akkreditierungsverfahren. Nicht alle starten auch tatsächlich mit ihren Programmen oder können eine ausreichende Anzahl an Studierenden gewinnen. Trotzdem lohnt der Blick, was diese neuen Wettbewerber anders machen... denn das Wachstum kann sich oft durchaus sehen lassen.

Wie am Beispiel der CODE University of Applied Sciences, die über ein neues Studienkonzept die Ausbildung von IT Fachkräften revolutioniert. Oder die HMU Health and Medical University (Potsdam), die den akuten Mangel an Studienplätzen in der Medizin nutzen und in stark steigende Studierendenzahlen umwandeln kann. Die German International University - GIU schließlich richtet sich erfolgreich an internationale, englischsprachige Studierende, die in Berlin Fuß fassen wollen.

Interessant sind deren Entwicklungen also allemal, zumal auch die größten privaten Hochschulen einmal klein angefangen haben. Mit dem richtigen Mindset, durchdachten Angeboten und einer entsprechenden Finanzierung wird man also auch in Zukunft noch einiges am privaten Bildungsmarkt bewegen können.

Weiterlesen
Philipp Hoellermann Philipp Hoellermann

Deutschland bekommt eine neue private Universität

Bekommt Deutschland eine neue private Universität? Es sieht so aus... und mit ihr bringt sich die IU Internationale Hochschule in einem neuen Themenfeld aggressiv in Stellung.

Update: Die Gründung der IU Health University wurde abgesagt. Einen Beitrag dazu gibt es hier.

Bekommt Deutschland eine neue private Universität? Es sieht so aus... und mit ihr bringt sich ein Marktführer in einem neuen Themenfeld aggressiv in Stellung.

Aber fangen wir von vorne an: Eines der großen Boom-Fächer der letzten zehn Jahre war die Psychologie. Im Wintersemester 20/21 lag sie auf Platz 5 der beliebtesten Fachgebiete und die Zahl der Studierenden in psychologischen Fächern ist seit 2010 um 106% auf über 100.000 gestiegen.

Gleichzeitig brachte eine Gesetzesreform im Jahr 2020 gravierende Änderungen mit sich. Ein Seiteneinstieg in die Psychotherapie wurde damit faktisch unmöglich, ein einschlägiges Universitätsstudium (Bachelor und Master) mit Approbation unverzichtbar.

100.000 Studierende, über 10% Wachstum pro Jahr... Psychologie als Studienfach boomt. Die Nachfrage nach Studienplätzen übersteigt schon lange das Angebot.
— Philipp Höllermann

Das konnten bisher fast nur staatliche Hochschulen leisten, denn private Universitäten kann man in Deutschland an zwei Händen abzählen: fast alle der über 100 Institutionen sind "lediglich" Fachhochschulen. Im Medizinischen Bereich gab es sogar nur einen Anbieter, die Universität Witten/Herdecke, die entsprechende Programme in klassischen Präsenzformaten anbietet.

Das soll sich jetzt ändern, denn mit der IU Health University gründet die IU Internationale Hochschule, die größte Hochschule Deutschlands, eine eigene Universität mit Sitz in Mainz. An dieser verspricht die IU ein Online-Studium mit wenigen Blockpräsenzen und ohne NC-Beschränkung.

Zwar steht die Akkreditierung der neuen Universität noch aus, trotzdem kann man sich bereits jetzt für den Studienstart im Oktober 2022 anmelden... und angesichts der Ressourcen, die die IU Group aufbringen kann, dürfte der erfolgreiche Abschluss der Akkreditierung recht sicher sein.

Die Kosten für das Programm liegen mit fast 20.000 Euro übrigens deutlich über denen der anderen Fernstudienprogramme der IU... aber noch ein gutes Stück unter denen von Witten/Herdecke. Und angesichts des flexiblen Studienformats und der hohen Nachfrage nach psychologischen Studiengängen dürfte auch dieses Programm wieder zu einem Kassenschlager für die Münchner Bildungsgruppe werden.

Weiterlesen
Philipp Hoellermann Philipp Hoellermann

So boomte das Fernstudium während der Corona-Pandemie

Über 75% mehr Fernstudierende in Deutschland und das in nur zwei Jahren? Das sind auch die Folgen der Corona-Pandemie…

Zwei Pandemiejahre haben dem #Fernstudium in Deutschland einen enormen Boost beschert: Seit Oktober 2019 ist die Zahl der an Hochschulen eingeschriebenen Fernstudierenden um über 75% gewachsen.

Nicht alle Hochschulen profitieren davon im gleichen Maße. Während die Studierendenzahlen bei staatlichen Anbietern häufig stagnieren, profitieren insbesondere private Hochschulen von der Nachfrage nach präsenzlosen, flexiblen Lernformaten.

Wieder einmal hat die IU Internationale Hochschule dabei die Nase vorne: sie wuchs zwischen Oktober 2019 und Oktober 2021 um 170% und festigte damit Ihre Position als größte Hochschule Deutschlands.

Auch SRH Fernhochschule, IST - Hochschule für Management, Euro-FH und die Hamburger Fern-Hochschule entwickelten sich sehr positiv.

Die offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes erscheinen in den nächsten Wochen und werden weitere, spannende Einblicke ermöglichen... und wir dann gerne wieder einzelne Aspekte näher beleuchten.


Weiterlesen
Philipp Hoellermann Philipp Hoellermann

Private Hochschulen und die sozialen Netzwerke

Sie mögen nach Studierendenzahlen nicht die größten sein... aber was #socialmedia angeht, können einige kleine private Hochschulen mit der großen Konkurrenz locker mithalten.

Seien es #Facebook, #Instagram oder #LinkedIn: fast jede private Hochschule ist heute in sozialen Netzwerken aktiv, durchaus mit unterschiedlichen Ansätzen und Erfolg.

Nicht immer geht dabei die Formel "mehr Studierende = mehr Follower" auf: Zwar führt die IU Internationale Hochschule wieder einmal die Zahl der Studierenden und Followern auf #Facebook und #Instagram an. Auch andere Hochschulen können hier aber einen erstaunlich starken Auftritt hinlegen.

So bringen es die APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft auf 8-mal, die EBS Universität für Wirtschaft und Recht auf 7,3-mal und die IST-Hochschule für Management auf 7,1-mal so viele Facebook Fans wie Studierende. Und die FOM Hochschule für Oekonomie & Management verfügt mit über 53.000 Followern auf #LinkedIn über eine enorme Reichweite im B2B Umfeld.

Auch auf Instagram wächst das Engagement vieler Hochschulen. Andere Netzwerke befinden sich wiederum entweder auf einem absteigenden Ast (#Xing) oder wurden noch nicht wirklich als Kanal entdeckt (#tiktok, #snapchat).

Es wird spannend zu sehen, wann auch diese Netzwerke der Generation Z und Generation Alpha adressiert werden.

PS. Eine Hochschule habe ich aus der Auswertung gezielt herausgenommen: die University of Applied Sciences Europe würde mit 130.000 Likes und einem Follower-Studierenden-Verhältnis von 43 das Facebook Ranking uneinholbar anführen. Allerdings lässt ein Blick auf die Struktur, die Profile der Follower und das Engagement der Community vermuten, dass diese Zahlen ganz überwiegend nicht durch ein organisches Wachstum erreicht wurde und somit nicht berücksichtigt werden sollten.

Studierende und Facebook Fans der größten privaten Hochschulen.

Studierende und Facebook Fans der größten privaten Hochschulen.

Facebook und Instagram Follower pro Studierende

Facebook und Instagram Follower pro Studierende

Weiterlesen
Philipp Hoellermann Philipp Hoellermann

Wieviel Predictive Technology verträgt die Freiheit?

Stellen wir uns eine Szene im Sommer 1665 in der Nähe von Cambridge vor. Ein junger Student liegt - pandemiebedingt - unter einem Baum im Garten seiner Eltern. Da fällt ihm ein Apfel auf den Kopf. Nach kurzem Überlegen zückt der junge Mann sein Handy und fragt: „Siri, warum fallen Äpfel eigentlich immer senkrecht vom Baum?“

Siri: „Diese Frage kann ich leider nicht beantworten. Aber ich kann eine Folge „Friends“ abspielen.“

Und Isaac Newton blieb beim Bingewatchen hängen, wurde ein recht passabler Optiker und verstarb kinderlos und vereinsamt im Alter von 54 Jahren, als er sich an einer Fischgräte verschluckte.

Innovationen sind Innovationen, weil sie mit Traditionen brechen.

Wenn es zu Darwins Zeiten Amazon Buchrezensionen gegeben hätte, wäre sein großes Werk durchgefallen. Den Kontinentaldrift hat nicht die etablierte Wissenschaft entdeckt. Und die Relativitätstheorie wäre nicht als Empfehlung auf Ihrer Notification List aufgetaucht.

Tatsächlich brechen Innovationen immer mit tradierten Konzepten. Revolutionäre, neuen Ideen entstanden in der Vergangenheit häufig dort, wo man sie nicht erwartet hätte. Ja, die heutigen Digitalgiganten haben vor allem gemein, dass sie eben nicht in Konzernzentralen konzipiert, nicht in etablierten Industrien pilotiert und nicht mit bekannten Managementmethoden und -prozessen groß wurden.

Elon Musk hätte bei VW höchstens Konzepte im Design Lab entwickelt, vielleicht ein Modell für die IAA. In Serie gegangen wäre sein Roadster nie („nicht marktfähig“). Larry Page und Sergey Brin hätten mit ihren Fähigkeiten Karriere bei Oracle oder IBM gemacht, eine Suchmaschine wäre aber niemals gelauncht worden („nicht unser Kerngeschäft“). Und wäre Jeff Bezos bei Bankers Trust geblieben, würde heute wohl kaum jemand seinen Namen kennen (und er wäre – Ironie der Geschichte – eher Donald Trumps Finanzberater geworden als sein Widersacher).

Echte Innovationen entstehen außerdem dort, wo jemand ein Problem identifiziert und eine Lösung sucht. Wo jemand unzufrieden mit dem Status Quo ist und eine Vorstellung davon entwickelt, was nicht rund läuft oder fehlt. Wo jemand Lücken entdeckt: in Systemen, in Angeboten, in Märkten. Wo Reibungspunkte entstehen.

Was aber, wenn man so umschmeichelt wird und Wünsche so schnell erfüllt werden, dass gar keine Reibung mehr auftritt?

Die Kehrseite der Empfehlungssysteme.

In der Digitalisierung läuft vieles auf eine Fremdsteuerung durch Assistenz- und Empfehlungssysteme hinaus. Und diese Predictive Technologies können großartig sein. Wenn sie neue Musik auf Spotify empfiehlt. Wenn Netflix eine wahre Perle der Filmgeschichte ausspuckt. Wenn auf Amazon direkt der richtige Schlauch zum Trockner angeboten wird. Oder wenn die Wettervorhersage tatsächlich korrekt ist.

Aber Predictive Technologies stellen auch ein Risiko dar, denn jedes Empfehlungssystem, jeder Automatismus und jeder Nudge nimmt uns ein wenig mehr Autonomie.

Die Systeme arbeiten außerdem auf aggregierten Datensätzen, sie leben davon, digitale Lookalikes zu generieren. Und diese Daten und Profile haben eines gemeinsam: sie sind biased, sie sind an der Vergangenheit ausgerichtet und, arbeitet man mit AI, entziehen sie sich schnell einer moralischen und ethischen Kontrolle.

So passiert es dann, dass Google Photos Afroamerikaner als Gorillas identifizierte. Dass Justizsoftware Risiken für ein kriminelles Verhalten überproportional ethnischen Minderheiten zuschreibt. Oder dass auf den ersten Blick legitime Daten und Systeme zur Förderung von Studierenden missbräuchlich genutzt werden.

Learning Analytics breaking bad.

Der Einsatz von Learning Analytics an der University of Phoenix war ein solches Beispiel. Die Hochschule hatte ein System entwickelt, mit dem sie sicher voraussagen konnte, welche Studierende ein hohes Abbruchrisiko hatten… und konnten dann intervenierten. Allerdings nicht, um die Studierenden zum Abschluss zu bringen, denn das System hatte schon sehr klar identifiziert, dass dieser nie erreicht werden würde. Ziel war einzig, die Studierenden so lange in der Hochschule zu halten, bis die hohen Akquisekosten wieder eingespielt waren. Die Folgen? Hohe Schulden bei Studienabbrechern und eine Abschlussquote von nur 15% (und eines der kostspieligsten Strafverfahren in der US-amerikanischen Hochschulgeschichte).

Wir wissen, wann Ihre Mitarbeiter sterben.

Ein anderes Beispiel stellte Eric Siegel, Professor an der Columbia University, in einem spannenden Artikel vor. Ein Beratungsunternehmen war beauftragt worden, ein System zu entwickeln, mit dem die Personalabteilung auf mögliche Personalausfälle frühzeitig reagieren könne. Das Unternehmen analysierte also alle Datensätze und stellte ein Tool zur Verfügung, dann nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer Kündigung, sondern auch gleich das Risiko eines frühzeitigen Todes pro Mitarbeiter:in anzeigte.

Woraufhin die Personalabteilung übrigens durch die Decke ging, denn wer will schon – vor den Angestellten selbst – wissen, wer von diesen in 2-3 Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr leben wird?

Wie viel Bequemlichkeit verträgt die Freiheit?

Eine zentrale Frage ist also: Was wird aus der individuellen Freiheit, wenn immer mehr Systeme uns sagen wollen, was wir gut finden. Wenn Lernsysteme definieren, was es zu lernen lohnt. Wenn Maschinen gleichzeitig die Rolle von Mentoren, Dienern und Kontrolleuren übernehmen.

In China, dem „Motherland of Surveillance”, kann man diese Entwicklungen schon heute in der Praxis beobachten. Mit seinem Social Scoring System, einer AI zur Identifikation von Andersdenkenden und religiösen Minderheiten und der massiven Technisierung aller Lebensbereiche – die Hand in Hand mit den weltweit höchsten Investitionen in AI Technologien geht – sehen wir die dunkle Seite des Technologieeinsatzes.

“I don’t think it’s overblown to treat this as an existential threat to democracy."
Jonathan Frankle (Massachusetts Institute of Technology)

Wir können eine Welt erahnen, in der individuelle Freiheit irrelevant wird. In der nur ein solches Verhalten akzeptabel ist, das in geregelten und vorhersehbaren Pfaden verläuft. In der Innovationen, revolutionäre Ideen oder neue Impulse – seien es technologische, kulturelle oder soziale – eine rote Lampe aufleuchten lassen und Gegenmaßnahmen einleiten. Eine Welt, in der echte Innovationen fast keine Chance mehr haben.

Hoffen wir, dass wir nicht zu bequem werden.

Weiterlesen