Die internationalsten Hochschulen Deutschlands
Dass internationale Studierende eine Bereicherung für jede Hochschule sind, steht außer Frage. Dass sie schon seit vielen Jahren als relevante Einkommensquelle insbesondere für private Bildungsträger gesehen werden, ebenso wenig.
Tatsächlich ist ist die Zahl der internationalen Studierenden in Deutschland in den letzten 10 Jahren um 63% auf 411.000 gestiegen.
Einige Hochschulen haben sich dabei fast vollständig auf ausländische Studierende fokussiert. Das kann zum Problem werden, nicht nur in der Corona-Krise, die auf Grund von Reise- und Visabeschränkungen zu einem Einbruch internationaler Bewerbungen führt.
Ein gesunder Mix zwischen deutschen und ausländischen Studierenden wird nicht zuletzt auch von den internationalen Studienbewerber:innen selbst gewünscht. Denn Sie haben meist ein ausgeprägtes Interesse an der Kultur ihres Gastlandes und an einem diversen Umfeld.
Dass es Hochschulen nicht immer gelingt, für eine gute Durchmischung zu sorgen, zeigte die Abbrecherquote unter ausländischen Studierenden. Diese lag 2019 bei rund 41 Prozent und macht deutlich, dass viele Hochschulen noch einiges zu lernen haben, wenn es um eine adäquate Unterstützung internationaler Studierender geht.
Vielleicht können sie sich dabei ja etwas von den 10 internationalsten Hochschulen Deutschlands abschauen.
Welche Hochschulen in Deutschland boomen, welche scheitern?
Welche Hochschulen sind in den letzten 10 Jahren besonders stark gewachsen und welche haben sich - gegen den Markttrend - negativ entwickelt?
Ein paar Key Facts:
Die Zahl privater Studierender wuchs zwischen 2010 und 2019 um 159.700 (+153%).
Im Wintersemester 2019/2020 studierten ca. 265.000 Studierende an privaten Hochschulen. Dieses Jahr dürfte diese Zahl auf über 300.000 steigen.
Die Top 10 der Hochschulen konnte ihre Studierendenzahlen seit 2010 um 107.000 steigern (+272%).
Die 10 am schlechtesten performenden Hochschulen verloren in dieser Zeit 1.300 Studierende (-13%)
Besonders stark wuchsen Anbieter berufsbegleitender Studiengänge (Fernstudium, Abendstudium) und Bildungsgruppen (mit multiplen Standorten).
In den nächsten drei Jahren dürften zwei private Hochschulen (FOM, IUBH) zu den größten Hochschulen Deutschlands aufsteigen. Bereits heute hat die FOM mit ihren Hochschulen die größte staatliche Präsenzuniversität (München) überholt.
Die Marktdynamik ist enorm, eine Erfolgsgarantie ist der allgemeine Trend aber nicht. Denn während die unteren 50% der Hochschulen "nur" 8.200 zusätzliche Studierende gewinnen konnten, waren es bei den Top 20 über 127.000.
Wir erleben also eine massive Konsolidierung des privaten Bildungsmarktes, die sich mittelfristig auch in weitere Übernahmen & Fusionen zeigen wird.
Die am stärksten wachsenden Hochschulen
Die am schwächsten wachsenden Hochschulen
Das sind die Top-Studiengänge 2020
BWL? Klar. Jura? Logisch. Maschinenbau? Unbedingt. Und Germanistik? Auch.
Welche Studiengänge in Deutschland besonders populär sind, war lange Zeit leicht zu erraten. Massenfächer wie BWL, Jura oder Ingenieurswissenschaften waren über viele Jahre unangefochtene Spitzenreiter an deutschen Hochschulen und veränderten ihren "Marktanteil" nur minimal. Noch heute studierenden knapp 50% aller Studierenden in nur 16 Fächergruppen, darunter solche Evergreens wie Betriebswirtschaftslehre, Medizin... oder eben Deutsch.
Die TOP10 Studiengänge im Wintersemester 2019/2020
Betriebswirtschaftslehre: 236.951 Studierende
Informatik: 127.537 Studierende
Rechtswissenschaften: 117.117 Studierende
Maschinenbau/-wesen: 104.177 Studierende
Medizin (Allgemeinmedizin): 98.736 Studierende
Psychologie: 90.964 Studierende
Wirtschaftswissenschaften: 86.918 Studierende
Germanistik/Deutsch: 72.094 Studierende
Wirtschaftsingenieurwissenschaften 69.683 Studierende
Elektrotechnik/Elektronik: 67.598 Studierende
Spannend wird es, wenn man sich die Veränderungen an Studierenden in einzelnen Fächern anschaut. Hier hat es seit 2015 viele Entwicklungen gegeben und einige Fächer boomen regelrecht. Lässt man Ausreißer mit weniger als 2.500 Studierenden außer Betracht, ergibt sich ein vielfältiges Bild.
Die am stärksten wachsenden Studiengänge seit 2015
Lernbereich Naturwissenschaft/Sachunterricht: +341%
Regenerative Energien: +170%
Grundschul-/Primärstufenpädagogik: +89%
Gesundheitspädagogik: +70%
Ernährungswissenschaft: +67%
Pädagogik der frühen Kindheit: +65%
Lernbereich Sprach- und Kulturwissenschaften: +63%
Polizei/Verfassungsschutz: +59%
Soziale Arbeit: +49%
Interdisziplinäre Studien (Schwerp. Naturwissenschaften): +46%
Während einige dieser Fächer auf geänderte Rahmenpläne z.B. in der Lehrerausbildung zurückzuführen sind, haben sich andere aus neuen Anforderungen an den Arbeitsmarkt oder die Akademisierung von Bereichen entwickelt, in denen es bisher nur wenige Studienangebote gab.
Ihnen gegenüber steht eine Liste an Fächern, in denen teilweise nur noch eine Handvoll Studierende eingeschrieben sind oder bei denen die Studierenden in differenziertere Fächer ausgewichen sind.
Die 10 am stärksten schrumpfenden Studiengänge seit 2015
Kerntechnik: -73%
Südslawisch: -72%
Niederdeutsch: -67%
Rhythmik: -58%
Geschichte der Mathematik: -41%
Europäische Wirtschaft: -40%
Polnisch: -40%
Volkskunde -39%
Schulpädagogik -39%
Westslawisch -38%
Die neuen Stars der Hochschulen wiederum sind wohl die Fächergruppen, die bei hohen Studierendenzahlen (>10.000) weiterhin hohe Zuwächse verzeichnen. Sie sind nicht nur für private Hochschulen interessant, sondern deuten auf grundsätzlich neue Anforderungen der Arbeitswelt hin die es akademisch abzubilden gilt, zum Beispiel in den Bereichen:
"Soziale Arbeit"
"Technische Informatik"
"Medienmanagement"
"Psychologie" und
"Gesundheitsmanagement"
Es bleibt also spannend an unseren Hochschulen.
Tötet Bayern die E-Klausur?
Bayern hat eine Verordnung für die Einführung von E-Klausuren verabschiedet. Was erst einmal gut klingt, ist im Detail hochproblematisch.
Bayern hat am 22. September 2020 eine neue Verordnung für "rechtssichere digitale Fernprüfungen" verabschiedet und damit erstmalig umfassende Regelungen für eKlausuren getroffen.
Im Kern der Novelle stehen laut Pressemitteilung das "Wahlrecht für Studentinnen und Studenten sowie der Datenschutz".
Tatsächlich steckt der Teufel aber im Detail, denn Bayern zieht mit der Verordnung allen gängigen Online-Proctoring Anbietern und Modellen den Stecker.
Prüfungen dürfen in Zukunft nur noch live von Hochschulpersonal abgenommen werden, eine Raumüberwachung ist grundsätzlich nicht mehr legitim, ebenso wenig wie Videoaufzeichnungen der Prüfungen (und erst recht nicht die automatisierte Auswertung von Videoaufsicht z.B. um Verdachtsfälle zu identifizieren).
Abweichungen von diesen Regelungen sind nur noch erlaubt, wenn an den Hochschulen eine "kurzfristige Kapazitätsüberlastung" vorliegt.
Die vorhandenen Online-Proctoring Angebote großer privater Hochschulen (wie der IUBH oder der AKAD) wären nach den bayerischen Regeln damit nicht mehr erlaubt und keiner der Proctoring-Anbieter am Markt zulässig.
Ob Bayern damit als Bildungsstandort für private Hochschulen attraktiver wird, darf bezweifelt werden.
Weitere Informationen zur Verordnung gibt es hier.
Ist Deutschlands Bildungsmarkt interessant für Investoren?
Der deutsche Bildungsmarkt wird zunehmend interessant für Finanzinvestoren. Hohe Wachstumsraten und digitale Geschäftsmodelle scheinen attraktive Chancen zu bieten.
In den letzten Jahren gab es mehrere Investments großer Fonds und Holdings in deutsche Bildungsanbieter.
Erst im Januar 2020 wurde die Private Hochschule Göttingen durch die in Paris ansässige Galileo Global Education (GGE) übernommen. Die Bildungsholding besaß in Deutschland bereits die Hochschule Macromedia und expandierte in den letzten Jahren in zahlreiche europäische Länder. GGE wurde im Gegenzug im Februar 2020 für stolze 2.5 Mrd. Euro an ein internationales Konsortium verkauft.
Bereits 2017 hatte zuvor Oakley Capital 79% der Career Partner GmbH (u.a. Mutter der IUBH Internationale Hochschule) für über 100 Mio. Euro übernommen. Nur zwei Jahre vorher war Career Partner bereits für einen ähnlichen Betrag von AUCTUS Capital Partners verkauft worden, die damals einen 600% Wertzuwachs ihres Investments und eine 40% IRR realisierten.
Mit über 270.000 Fernstudierenden an 107 privaten Hochschulen und einem weiteren Wachstum des privaten Bildungsmarktes dürften solche Übernahmen und Investments in Zukunft weiter zunehmen.
Gleichzeitig ist der private Bildungsmarkt in Deutschland fragmentiert und einige Hochschulen haben – nicht erst seit Corona – mit ihrem Campus-Geschäft zu kämpfen. Investments dürften insbesondere in Unternehmen fließen, die zukunftsfähig aufgestellt sind, z.B. durch Unternehmenskooperationen, eine durchdachte Digitalisierungsstrategie und Excellence in Marketing und Vertrieb, Verwaltung und Lehre.